Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Sonntag, 23. Juni 2024

Synoptische Analyse DWD

 Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC

----------------------------------------------------------------
Aktuell ... schreiben wir Samstagabend, den 22.06.2024. Die EURO24 läuft auf 
vollen Touren (wo sich die Türken in Halbzeit 1 ein sensationelles Eigentor 
eingeschenkt haben), das Wetter ist zumindest regional noch immer launisch 
(Süden/Südwesten) und - aufgepasst - die Tage werden wieder kürzer. Auch wenn 
die Sommersonnenwende nur schlappe zwei Tage hinter uns liegt und die Abnahme 
der Tageslänge "kaum merklich bis infinitesimal" erfolgt, der Trend ist 
unstrittig. Nur mal so als kleiner Appetizer für diejenigen, die es mit Sommer 
nicht so haben und eher der kälteren und dunkleren Jahreszeit zugewandt sind.

Jetzt aber zum eigentlichen Ansinnen dieses Bulletins, dem Wetter und den dafür 
verantwortlichen synoptischen Rahmenbedingungen. Auch hier gleich mal die 
Kernbotschaft vorab. Ob man´s glaubt oder nicht, für 3-4 Tage schaut tatsächlich
mal ein Hoch bei uns vorbei, was in den letzten Wochen absoluten Seltenheitswert
hatte. Aktuell freilich ist das Hoch noch ein zartes Pflänzchen in Form eines 
Bodenkeils, ausgehend vom mächtigen Azorenhoch mit Zentrum westlich der 
Iberischen Halbinsel. Immerhin hat der Keil schon einen Namen bekommen (BIE) und
konnte bereits heute einige vielversprechende Akzente setzen. Vor allem in der 
Nordhälfte sowie im Südosten schien für längere Zeit die Sonne bei 20 bis knapp 
25°C. Unterstützung bekam der Keil von einem flachen Höhenrücken, der einen 
inzwischen nordostwärts abgezogenen Trog von einem mittlerweile abgetropften 
Trog über Frankreich trennt. 

Letzterer hat auf seiner diffluenten Vorderseite ein mesoskaliges Regengebiet 
generiert, das sich heute Nachmittag mit konvektiven Verstärkungen sowie einigen
Gewittern auf der Vorder-, also der östlichen Seite, von BaWü bis ins westliche 
Bayern ausgebreitet hat. Inzwischen hat sich die Niederschlagsintensität 
abgeschwächt mit Ausnahme des südöstlichen Zipfels (Allgäu, Teile von bayerisch 
Schwaben; Stundensummen zwischen 10 und 15 l/m²), wo auch noch einige Gewitter 
am Start sind.   

In den nächsten Stunden zieht das abgetropfte Höhentief via Westschweiz in 
Richtung Golf von Genua. Rückseitig steigen Geopotenzial und Luftdruck leicht 
an, was dem (Boden)Keil den (Höhen)Rücken stärkt. Gemeinsam mit dem Tagesgang 
stellt sich in den meisten Landesteilen eine zahme Nacht ohne besondere 
meteorologische Vorkommnisse ein. Teils wolkig, teils klar, Abkühlung auf 14 bis
7°C lautet das Motto, dazu einige lokal dichte Nebelfelder, vornehmlich im 
Westen, im Südwesten sowie in Teilen der Mitte. Auch der anfänglich an der 
vorpommerschen Küste noch aufmuckende Westwind (Böen 6-7 Bft) nimmt 
kontinuierlich ab, weil der Gradient im Zuge des leichten Druckanstiegs wenn 
auch zögerlich immer weiter aufweicht. 

Im äußersten Süden, namentlich dem Alpenrand sowie dem angrenzenden höheren 
Vorland, sind die Hebungsantriebe in der Peripherie des ziehenden Cut-Off-Tiefs 
zunächst noch ausreichend, um mit Hilfe von Staueffekten den "Regenkuchen" am 
Leben zu halten. Die Gewitterwahrscheinlichkeit nimmt dabei zwar immer weiter 
ab. Gleichwohl können es gerade anfangs noch einige Zellen schaffen, aus 
Österreich heraus die strengen Grenzkontrollen zu überwinden und bei uns 
einzufallen. Aber auch ohne Gewitter besteht in der ersten Nachthälfte eine 
erhöhte Wahrscheinlichkeit für mehrstündigen Starkregen mit Mengen bis zu 35 
l/m². Dagegen sind die Signale für noch stärkeren Regen (>35 l/m², also WU) in 
den letzten EPS-Läufen von ICON-D2 stetig zurückgerechnet worden.               


Sonntag ... geht als klassischer Übergangstag von zyklonal zu antizyklonal 
durch. So steigen Potenzial und Luftdruck weiter an, was im Falle des 
Geopotenzials der Ausweitung eines Höhenrückens über Westeuropa respektive dem 
nahen Atlantik gleichkommt. Die Ausweitung ist nicht nur nach Osten, sondern 
auch nach Norden gerichtet, was den Rücken immer wuchtiger macht. Gleichzeitig 
verbreitert und verstärkt sich der Bodenkeil, bei dem die 1020-hPa-Isobare am 
Nachmittag den Weg in den Westen des Landes findet. Damit nähert sich das 
gesamte Strömungsmuster einer High-over-low-Situation an, bei der unser o.e. 
Cut-Off-Tief den "Low-Part" übernimmt. Es zieht im Tagesverlauf über Korsika 
hinweg nach Süden Richtung Straße von Bonifacio, wo es sich eine Weile aufhält. 
Mit der leichten Südverlagerung verliert es weitere Anteile am hiesigen Wetter, 
jedoch sollten wir nicht den Fehler begehen, das Tief schon abzuschreiben. Wir 
werden mittelfristig drauf zurückkommen (müssen), jetzt aber erstmal nicht mehr.


Nach einem vielerorts gering bewölkten oder sogar wolkenlosen Start entwickeln 
sich in der eingeflossenen erwärmten subpolaren Meeresluft (mPs) aus der labilen
Grundschicht heraus zahlreiche Quellwolken, die an der bei rund 800 hPa 
positionierten Absinkinversion gestoppt werden und teilweise breitlaufen. Das 
sorgt vorübergehend für einen wolkigen, gebietsweise sogar stark bewölkten, aber
meist trockenen Wettercharakter. Die meisten und auch vertikal mächtigsten 
Quellungen treten im Süden des Landes auf, wo nicht nur das Absinken und somit 
auch die Inversion am schwächsten ausgeprägt sind, sondern zudem die Luft nicht 
zuletzt wegen der heutigen Regenfälle und Gewitter am feuchtesten ist. 
Entsprechend muss dort im Tagesverlauf mit dem einen oder anderen Schauer 
gerechnet werden. Ob es am Ende auch für ein kurzes Gewitter oder wenigstens 
gewittrigen Schauer reicht, ist fraglich. Die Prognosesoundings zeigen im 
Bereich 650-600 hPa eine Sperrschicht bei Temperaturen von wenig unter 0°C, was 
nicht gerade für elektrische Entladungen spricht. Angesichts der konvektiven 
Auswüchse der vergangenen Tage ist das aber auch eher eine 
akademisch-theoretische Frage, die große Knallerei wird es mit Sicherheit nicht 
geben. 

Was es sicher geben wird, sind Tageshöchsttemperaturen, die bei 
850-hPa-Temperaturen von 6 bis 12°C am Nachmittag meist zwischen 20 und 25°C 
anzusiedeln sind. Nur allgemein in höheren Lagen inkl. dem südlichen 
Alpenvorland sowie bei auflandigem Wind aus West bis Nordwest direkt an der 
Küste (plus Inseln) bleibt es etwas frischer. 

In der Nacht zum Montag tut sich nicht allzu viel an der großräumigen 
Strömungskonfiguration. Am ehesten erwähnenswert ist eine beginnende Austrogung 
über dem Ostatlantik, die sich auch im Isobarenfeld abbildet. Damit wird die 
Abschnürung des Bodenkeils vom "Mutterhoch" vorbereitet, das seinen Schwerpunkt 
etwas nach Westen verlagert. 

Bei uns löst sich die Tagesbewölkung mehr und mehr auf, so dass es in weiten 
Landesteilen aufklart. In der inzwischen abgetrockneten Grundschicht (durch 
Verdunstung sowie permanente Quellwolkenbildung tagsüber wurde viel Wasserdampf 
von unten abtransportiert) bilden sich nur noch lokal ein paar Nebelfelder. 
Einige Restwolken halten sich am Alpenrand sowie in Teilen des Alpenvorlands. 
Außerdem zieht mit dem west-nordwestlichen Wind tiefe, teils hochnabelartig 
anmutende Bewölkung von Dänemark und der Deutschen Bucht in den äußersten 
Norden. Die Temperatur geht auf 16 bis 10°C, in einigen Mittelgebirgssenken 
sowie in Teilen des norddeutschen Binnenlands (z.B. in der Lüneburger Heide) auf
rund 8°C zurück.                   

Beliebte Posts