Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC
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Aktuell ... schreiben wir Samstagabend, den 22.06.2024. Die EURO24 läuft auf
vollen Touren (wo sich die Türken in Halbzeit 1 ein sensationelles Eigentor
eingeschenkt haben), das Wetter ist zumindest regional noch immer launisch
(Süden/Südwesten) und - aufgepasst - die Tage werden wieder kürzer. Auch wenn
die Sommersonnenwende nur schlappe zwei Tage hinter uns liegt und die Abnahme
der Tageslänge "kaum merklich bis infinitesimal" erfolgt, der Trend ist
unstrittig. Nur mal so als kleiner Appetizer für diejenigen, die es mit Sommer
nicht so haben und eher der kälteren und dunkleren Jahreszeit zugewandt sind.
Jetzt aber zum eigentlichen Ansinnen dieses Bulletins, dem Wetter und den dafür
verantwortlichen synoptischen Rahmenbedingungen. Auch hier gleich mal die
Kernbotschaft vorab. Ob man´s glaubt oder nicht, für 3-4 Tage schaut tatsächlich
mal ein Hoch bei uns vorbei, was in den letzten Wochen absoluten Seltenheitswert
hatte. Aktuell freilich ist das Hoch noch ein zartes Pflänzchen in Form eines
Bodenkeils, ausgehend vom mächtigen Azorenhoch mit Zentrum westlich der
Iberischen Halbinsel. Immerhin hat der Keil schon einen Namen bekommen (BIE) und
konnte bereits heute einige vielversprechende Akzente setzen. Vor allem in der
Nordhälfte sowie im Südosten schien für längere Zeit die Sonne bei 20 bis knapp
25°C. Unterstützung bekam der Keil von einem flachen Höhenrücken, der einen
inzwischen nordostwärts abgezogenen Trog von einem mittlerweile abgetropften
Trog über Frankreich trennt.
Letzterer hat auf seiner diffluenten Vorderseite ein mesoskaliges Regengebiet
generiert, das sich heute Nachmittag mit konvektiven Verstärkungen sowie einigen
Gewittern auf der Vorder-, also der östlichen Seite, von BaWü bis ins westliche
Bayern ausgebreitet hat. Inzwischen hat sich die Niederschlagsintensität
abgeschwächt mit Ausnahme des südöstlichen Zipfels (Allgäu, Teile von bayerisch
Schwaben; Stundensummen zwischen 10 und 15 l/m²), wo auch noch einige Gewitter
am Start sind.
In den nächsten Stunden zieht das abgetropfte Höhentief via Westschweiz in
Richtung Golf von Genua. Rückseitig steigen Geopotenzial und Luftdruck leicht
an, was dem (Boden)Keil den (Höhen)Rücken stärkt. Gemeinsam mit dem Tagesgang
stellt sich in den meisten Landesteilen eine zahme Nacht ohne besondere
meteorologische Vorkommnisse ein. Teils wolkig, teils klar, Abkühlung auf 14 bis
7°C lautet das Motto, dazu einige lokal dichte Nebelfelder, vornehmlich im
Westen, im Südwesten sowie in Teilen der Mitte. Auch der anfänglich an der
vorpommerschen Küste noch aufmuckende Westwind (Böen 6-7 Bft) nimmt
kontinuierlich ab, weil der Gradient im Zuge des leichten Druckanstiegs wenn
auch zögerlich immer weiter aufweicht.
Im äußersten Süden, namentlich dem Alpenrand sowie dem angrenzenden höheren
Vorland, sind die Hebungsantriebe in der Peripherie des ziehenden Cut-Off-Tiefs
zunächst noch ausreichend, um mit Hilfe von Staueffekten den "Regenkuchen" am
Leben zu halten. Die Gewitterwahrscheinlichkeit nimmt dabei zwar immer weiter
ab. Gleichwohl können es gerade anfangs noch einige Zellen schaffen, aus
Österreich heraus die strengen Grenzkontrollen zu überwinden und bei uns
einzufallen. Aber auch ohne Gewitter besteht in der ersten Nachthälfte eine
erhöhte Wahrscheinlichkeit für mehrstündigen Starkregen mit Mengen bis zu 35
l/m². Dagegen sind die Signale für noch stärkeren Regen (>35 l/m², also WU) in
den letzten EPS-Läufen von ICON-D2 stetig zurückgerechnet worden.
Sonntag ... geht als klassischer Übergangstag von zyklonal zu antizyklonal
durch. So steigen Potenzial und Luftdruck weiter an, was im Falle des
Geopotenzials der Ausweitung eines Höhenrückens über Westeuropa respektive dem
nahen Atlantik gleichkommt. Die Ausweitung ist nicht nur nach Osten, sondern
auch nach Norden gerichtet, was den Rücken immer wuchtiger macht. Gleichzeitig
verbreitert und verstärkt sich der Bodenkeil, bei dem die 1020-hPa-Isobare am
Nachmittag den Weg in den Westen des Landes findet. Damit nähert sich das
gesamte Strömungsmuster einer High-over-low-Situation an, bei der unser o.e.
Cut-Off-Tief den "Low-Part" übernimmt. Es zieht im Tagesverlauf über Korsika
hinweg nach Süden Richtung Straße von Bonifacio, wo es sich eine Weile aufhält.
Mit der leichten Südverlagerung verliert es weitere Anteile am hiesigen Wetter,
jedoch sollten wir nicht den Fehler begehen, das Tief schon abzuschreiben. Wir
werden mittelfristig drauf zurückkommen (müssen), jetzt aber erstmal nicht mehr.
Nach einem vielerorts gering bewölkten oder sogar wolkenlosen Start entwickeln
sich in der eingeflossenen erwärmten subpolaren Meeresluft (mPs) aus der labilen
Grundschicht heraus zahlreiche Quellwolken, die an der bei rund 800 hPa
positionierten Absinkinversion gestoppt werden und teilweise breitlaufen. Das
sorgt vorübergehend für einen wolkigen, gebietsweise sogar stark bewölkten, aber
meist trockenen Wettercharakter. Die meisten und auch vertikal mächtigsten
Quellungen treten im Süden des Landes auf, wo nicht nur das Absinken und somit
auch die Inversion am schwächsten ausgeprägt sind, sondern zudem die Luft nicht
zuletzt wegen der heutigen Regenfälle und Gewitter am feuchtesten ist.
Entsprechend muss dort im Tagesverlauf mit dem einen oder anderen Schauer
gerechnet werden. Ob es am Ende auch für ein kurzes Gewitter oder wenigstens
gewittrigen Schauer reicht, ist fraglich. Die Prognosesoundings zeigen im
Bereich 650-600 hPa eine Sperrschicht bei Temperaturen von wenig unter 0°C, was
nicht gerade für elektrische Entladungen spricht. Angesichts der konvektiven
Auswüchse der vergangenen Tage ist das aber auch eher eine
akademisch-theoretische Frage, die große Knallerei wird es mit Sicherheit nicht
geben.
Was es sicher geben wird, sind Tageshöchsttemperaturen, die bei
850-hPa-Temperaturen von 6 bis 12°C am Nachmittag meist zwischen 20 und 25°C
anzusiedeln sind. Nur allgemein in höheren Lagen inkl. dem südlichen
Alpenvorland sowie bei auflandigem Wind aus West bis Nordwest direkt an der
Küste (plus Inseln) bleibt es etwas frischer.
In der Nacht zum Montag tut sich nicht allzu viel an der großräumigen
Strömungskonfiguration. Am ehesten erwähnenswert ist eine beginnende Austrogung
über dem Ostatlantik, die sich auch im Isobarenfeld abbildet. Damit wird die
Abschnürung des Bodenkeils vom "Mutterhoch" vorbereitet, das seinen Schwerpunkt
etwas nach Westen verlagert.
Bei uns löst sich die Tagesbewölkung mehr und mehr auf, so dass es in weiten
Landesteilen aufklart. In der inzwischen abgetrockneten Grundschicht (durch
Verdunstung sowie permanente Quellwolkenbildung tagsüber wurde viel Wasserdampf
von unten abtransportiert) bilden sich nur noch lokal ein paar Nebelfelder.
Einige Restwolken halten sich am Alpenrand sowie in Teilen des Alpenvorlands.
Außerdem zieht mit dem west-nordwestlichen Wind tiefe, teils hochnabelartig
anmutende Bewölkung von Dänemark und der Deutschen Bucht in den äußersten
Norden. Die Temperatur geht auf 16 bis 10°C, in einigen Mittelgebirgssenken
sowie in Teilen des norddeutschen Binnenlands (z.B. in der Lüneburger Heide) auf
rund 8°C zurück.